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Hintergrund |
Hintergrund
Klinische Wirksamkeit und evidenz-basierte Behandlung
Medizinische Fachleute führen Behandlungsmaßnahmen zunehmend auf der
Grundlage des Nachweises (Evidenz) der klinischen Wirksamkeit durch. Der Begriff
Evidenz beschreibt den strengen und aktuellen wissenschaftlichen Nachweis, der
den weitgehenden Nutzen einer Behandlung gezeigt hat. Um evidenz-basierte
Behandlungsverfahren zu verwirklichen, muss eine ständige Überprüfung der
wirksamsten Behandlungen für eine Erkrankung durchgeführt werden. Das
bedeutet, dass anerkannte Behandlungsverfahren durch neue oder andere Verfahren,
die sich als wirksamer oder sicherer erwiesen haben, ersetzt werden.
Evidenz-basierte Informationen über Behandlungsverfahren schließen ein, dass
bestehende Unsicherheiten formuliert werden, weil die Qualität des klinischen
Nachweises variieren kann oder eine angemessene Forschung noch nicht
durchgeführt wurde.
Die Wahlmöglichkeit für den Patienten
Die Praxis einer partnerschaftlichen Entscheidungsfindung (shared
decision-making) ermöglicht medizinischen Fachleuten und Patienten, bei der
Suche nach dem besten Behandlungsverfahren für den einzelnen Patienten
zusammenzuarbeiten. Eine zentrale Rolle bei der Beteiligung des Patienten an
Entscheidungen über seine Behandlung spielen gute Patienteninformationen.
Qualitativ gute Patienteninformationen über Behandlungsalternativen müssen
genau sein und auf der besten und aktuellsten wissenschaftlichen Evidenz
basieren. Sie helfen, alle Aspekte eines möglichen Behandlungsverfahrens zu
berücksichtigen, beinhalten die möglichen Ergebnisse einer Behandlung und
thematisieren alle Bereiche, in denen bislang noch Unsicherheit herrscht.
Möglicherweise sind neben der klinischen Wirksamkeit auch andere Fragen bei der
Entscheidung über eine Behandlung sehr wichtig. Qualitativ gute Informationen
sind ein Hilfsmittel für die Wahl des für den einzelnen besten Verfahrens.
Sogar bei einer klaren Behandlungsabfolge und wenigen Wahlmöglichkeiten werden
qualitativ gute Informationen helfen, eine Behandlungsmaßnahme zu verstehen und
einzuschätzen, was von der Behandlung zu erwarten ist.
Das DISCERN-Instrument
Wofür ist DISCERN geeignet?
Es gibt zur Zeit eine Fülle von schriftlichen Patienteninformationen über
Behandlungsalternativen von den verschiedensten Anbietern. Nicht alle diese
Informationen haben eine gute Qualität, und nur ein kleiner Anteil basiert auf
hochwertigen wissenschaftlichen Nachweisen. Viele der verfügbaren Publikationen
enthalten ungenaue oder verwirrende Empfehlungen, und es kann schwierig zu
entscheiden sein, welche Informationen genutzt und welche verworfen werden
sollten. DISCERN ist ein Instrument bzw. Hilfsmittel, das entwickelt wurde, um
Nutzern von Patienteninformationen zu helfen, die Qualität von
Patienteninformationen über Behandlungsalternativen einzuschätzen.
Wer kann DISCERN anwenden?
DISCERN ist für jeden geeignet, der Informationen über
Behandlungsalternativen nutzt oder erstellt. DISCERN kann unterschiedlich
eingesetzt werden, z.B. als:
- Hilfe für einzelne Patienten, die eine Entscheidung über eine Behandlung
treffen oder mehr über eine von ihnen genutzte Behandlung erfahren wollen.
Patienten, Familienmitglieder, Freunde und Betreuer können DISCERN
verwenden, um die Qualität von schriftlichen Informationen zu bewerten. Sie
können Fragen, die sich aus einer Patienteninformation ergeben, mit den
medizinischen Fachleuten besprechen und werden so in die Entscheidung über
eine Behandlung einbezogen.
- Hilfsmittel zur Qualitätsüberprüfung für Anbieter von
Patienteninformationen,
- Checkliste für Autoren und Hersteller von Patienteninformationen,
- Hilfsmittel für die Ausbildung medizinischer Fachleute zur Verbesserung
ihrer Fähigkeiten in den Bereichen Kommunikation und partnerschaftliche
Entscheidungsfindung (shared decision-making).
Wie wurde DISCERN entwickelt?
DISCERN wurde einem umfangreichen Entwicklungs- und Bewertungsprozess
unterworfen.1
Zunächst analysierte ein Expertengremium eine zufällige Auswahl von
Patienteninformationen über Behandlungsalternativen bei drei unterschiedlich
gut erforschten Erkrankungen: Herzinfarkt, Endometriose und Chronisches
Müdigkeitssyndrom. Ein Vorabinstrument - auf der Grundlage dieser
Expertenanalyse erstellt - wurde von dem Expertengremium an einer zufälligen
Auswahl neuen Materials über dieselben drei Erkrankungen getestet. Wir
analysierten die Leistung des Vorabinstruments durch die Messung der Inter-Rater-Übereinstimmung
(gewichtetes Kappa, Übereinstimmung der Bewertungen unterschiedlicher Bewerter)
und durch eine Expertendiskussion. Das Instrument wurde anhand der Ergebnisse
dieser Analyse überarbeitet. Der endgültige Probelauf von DISCERN wurde mit
einer landesweiten Auswahl von 13 Mitgliedern von Selbsthilfegruppen und 15
Informationsanbietern an einer zufälligen Auswahl von Broschüren von 19
führenden nationalen Selbsthilfeorganisationen durchgeführt. Wir führten
Tests zur Inter-Rater-Übereinstimmung durch, und die Teilnehmer wurden
zusätzlich gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, der ihre Meinung über die
Zuverlässigkeit und Anwendbarkeit des Instruments festhielt.
Der gründliche Entwicklungsprozess von DISCERN ermöglichte es, allgemeine
Richtlinien für den Inhalt von Patienteninformationen über
Behandlungsalternativen zusammenzustellen, die von Nutzern aus den
verschiedensten Bereichen übereinstimmend verstanden und angewendet werden
können. Daraus folgend ist DISCERN der erste standardisierte Kriterienkatalog
für die Qualität von Patienteninformationen.
Was ist an DISCERN noch wissenswert?
Hier sind weitere wichtige Details über DISCERN und seine Anwendung.
Bewertung der wissenschaftlichen Qualität oder Korrektheit von
schriftlichen Informationen
DISCERN kann nicht zur Bewertung der wissenschaftlichen Qualität oder der
Korrektheit der Literatur, die einer Publikation zugrunde liegt, verwendet
werden. Dies würde die Überprüfung anhand anderer Quellen erfordern. DISCERN
kann allerdings genutzt werden, um die Zuverlässigkeit einer Publikation als
Informationsquelle für eine Entscheidungsfindung zu beurteilen. DISCERN kann
verwendet werden, um:
- zu bewerten, ob die Quellen der Evidenz klar genannt sind. Frage 4 hilft
bei der Beurteilung, ob die Herkunft der Informationen über
Behandlungsalternativen klar genannt wird. Quellen können wissenschaftliche
Artikel sowie die Meinung klinischer Experten oder der Vertretern von
Organisationen sein.
- die häufigsten Gründe für unangemessene oder unzuverlässige
Informationen zu bewerten, z.B. ob die Publikation oder die Informationen,
auf denen sie beruhen:
- nicht aktuell sind (Frage 5),
- beeinflusst sind (Frage 6),
- einen Bereich von Behandlungsalternativen unerwähnt lassen (Fragen 6,
14),
- nicht überprüft (Frage 4) oder ergänzt (Frage 7) werden können.
Zum Verständnis von DISCERN ist kein Vorwissen erforderlich!
DISCERN kann verwendet werden, um die Qualität einer Publikation zu
beurteilen - ohne das Wissen eines Spezialisten und den Hinweis auf andere
Publikationen oder Berater. Jeder kann DISCERN für sich selbst nutzen, um die
Qualität einer einzelnen Publikation zu beurteilen. DISCERN kann darüber
hinaus wichtige Fragen aufwerfen, die den Nutzer dazu veranlassen, weitere
Informationen oder Beratung zu suchen. DISCERN kann schließlich auch für die
Auswahl und den Vergleich von Patienteninformationen über
Behandlungsalternativen nützlich sein.
Bewertung von Publikationen über ein einzelnes Behandlungsverfahren
DISCERN kann verwendet werden, um die Qualität einer Publikation über ein
spezielles Behandlungsverfahren zu beurteilen. Es ist für eine Publikation
durchaus üblich, ein spezielles Behandlungsverfahren für ein medizinisches
Problem zu beschreiben. Solche Publikationen können qualitativ gute
Informationen enthalten, solange deutlich bleibt, dass nur eine
Behandlungsalternative besprochen wird (Frage 1) und andere Behandlungsverfahren
existieren können (Fragen 6, 14). DISCERN kann für diese Publikationen in der
gleichen Weise wie für Publikationen über mehrere Behandlungsalternativen
genutzt werden: die Fragen in Teil 2 von DISCERN beziehen sich auf ein einzelnes
Behandlungsverfahren. Bei Schwierigkeiten hilft Teil 3 des Handbuchs mit
entsprechenden Hilfestellungen weiter.
Präsentation
DISCERN soll helfen, die Qualität einer Publikation bezüglich ihres Inhalts
zu bewerten. DISCERN enthält keine spezifischen Fragen über die Präsentation
der Information (z.B. Layout, Abbildungen, Lesbarkeit), weil es bereits eine
Menge Literatur über die Wichtigkeit und den Nutzen dieser Merkmale gibt.2
Weiterhin ist eine gut präsentierte und lesbare Publikation nicht
notwendigerweise auch informativ und fehlerfrei. DISCERN soll die Frage
beantworten, welche Informationen eine Publikation enthält, und nicht, wie die
Informationen dargestellt werden.
1 Charnock D, Shepperd S, Needham G, Gann R.
DISCERN - an instrument for judging the quality of written consumer health
information on treatment choices. Journal of Epidemiology and Community Health,
1999, 53, 105-111.
2 Präsentation ist ein wichtiger Bestandteil
in der Erstellung qualitativ guter Informationen. Weitergehende Informationen
über Präsentation und andere wichtige Fragen bei der Erstellung von
Patienteninformationen können vom Centre for Health Information Quality,
Highcroft, Romsey Road, Winchester, SO22 5DH, United Kingdom (http://www.chiq.org.uk)
angefordert werden.
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